Das Märchen von den 27 Rotkäppchen und dem bösen Homepagekiller
Es begab sich zu der Zeit, da der Frühling wieder zart seine seidenen
Flügel über das idyllische, unschuldige, jeglichen Skandals entwöhnte
Kaff Gerabronn strich. Unsere 27 Rotkäppchen hatten viele dunkle Tage
hinter sich, gebeutelt von der Kälte des Winters, den Strapazen des
Lernens, den Qualen der durchzechten Nächte und überstandenen
Schulstunden. Noch hatten sie das Höllental nicht ganz durchquert –
sie würden in Bälde noch ihr gesammeltes Wissen in mehrseitigen
Abhandlungen zu Papier bringen müssen. Nun, so wäre es doch an der
Zeit, dass unsere 27 kleinen Freunde sich einmal einen klitzekleinen
Spaß gönnen, oder? Sie hätten sich doch eine kleine Verschnaufpause
vor dem bevorstehenden Abitur redlich verdient!
Wie wäre es zum Bleistift mit einer Veröffentlichung der filmischen
Dokumente ihrer überstandenen „Abenteuer“....sagen wir mal...im
Internet?!
Schande über das Haupt derer, die hier nur den puren Eigennutz, den
sündigen Lustgewinn oder sogar Schadenfreude vermuten! Oh,
keinesfalls! Es galt, eine Botschaft zu vermitteln, eine Mission zu
erfüllen. Die Welt sollte wieder ein wenig bunter werden in dieser
düstren Zeit, die Menschen sollten wieder lachen können – über Späße
mit Witz, Charme und vor allem Niveau; über kurzweilige Schilderungen
der überstandenen ereignisreichen Sauf-Odysseen sowie eine scherzhafte
Darstellung der (geschlossenen) Gerabronner Anstalt. Die Rotkäppchen
sahen ihre Chance gekommen, Menschheitsgeschichte zu schreiben.
Alsbald setzten sie ihre Heldentaten (...Sauftouren, Zelten,
Parties...) unter der Adresse „GymnasiumGerabronn.de“ ins Internet und
waren sich dabei keiner bösen Tat bewusst.
Nach getaner Arbeit zogen sie dann aus in Richtung Abitur, schwer
bepackt mit einem mächtig großen Weidenkörbchen voll leckerer Sachen.
Sie wollten nicht irgendeiner Großmutter all diese Köstlichkeiten
bringen- oh, welch Frevel ! Selber saufen wollten sie die unzähligen
Flaschen bzw. Kisten Märzen, Schmetzer, Pils, Asbach und was sie sonst
noch so alles eingepackt hatten. Und sie hatten viel eingepackt. Sehr
viel. Und das war auch gut so, denn auf ihrer langen Reise durch den
dunklen finsteren Wald in Richtung Abi hatten sie wirklich schrecklich
großen Durst. Denn die Zeit war auch sehr anstrengend und machte das
Bier als Ursprung und Lösung aller Probleme unverzichtbar. Und so
tranken sie denn immer mehr und mehr. Das Feuerwasser machte sie
lustig und hemmungslos – endlich konnten sie ihren quälenden Ballast
abwerfen, ihre Seelen wurden wieder frei; sie waren wieder Menschen.
Rattendicht aber geläutert zogen sie ihres Weges, den es nicht zu
verlassen galt.
Denn am Wegesrand lauerten unberechenbare Gefahren, die versuchten,
unsere 27 Rotkäppchen mit aller Kraft von ihrem Weg abzubringen. Wie
die Sirenen in Homers Odyssee lockten Lehrer: „...Ach Kinder, hört mir
doch zu!...“, „Kommt doch mal wieder in Deutsch!...“, „....Lest des
Buch doch, des is ganz toll!...“. Es waren auch Stimmen zu vernehmen,
die wohl direkt aus dem (schlechten?) Gewissen unserer Tapferen zu
sprechen schienen: „...ich werde in Deutsch gehen!“, „...ich sollte
die Hausaufgaben wirklich machen!...“, „Ich trink ein Bier weniger vor
Sport!“
Doch sie ließen sich nicht beirren, zogen mutig weiter und blieben
ihrem Motto treu: „HUMPEN PUMPEN !!!“.
Plötzlich und wie ein Blitz aus heiterem Himmel sprang er jedoch aus
dem Gebüsch; der Wolf im Schafspelz:...der HOMEPAGEKILLER!
Seine Gestalt, sein Äußeres war den Rotmützlein schon jahrelang
vertraut, sie kannten ihn schon seit ihrer Einlieferung in die
Gerabronner Anstalt und schätzten ihn als einen sehr
kameradschaftlichen und kooperativen Aufseher. Sein wahres Wesen
offenbarte er jedoch erst jetzt, als er die Rotkäppelein wegen ihrer
Homepage, die ihm offensichtlich nicht als angemessen erschien, aufs
Übelste attackierte.
Unsere tapferen Freunde waren sich des Ernstes der Lage zunächst
überhaupt nicht bewusst, doch als ihr Gegenüber dann laut knurrend
seine Zähne fletschte wurde es ihnen langsam mulmig.
Einige, und denen sein hiermit Hochachtung ausgesprochen, stellten
sich tapfer dem Angreifer und seinen Anschuldigungen und boten ihm
Kontra. Der Homepagekiller war, so stellte sich heraus, gekommen, um
die Ehre des Gymnasiums zu rächen. So, aha, Blutrache also. Nun denn.
Auf jeden Fall glühte er vor Wut, schlug wild um sich und drohte mit
den fürchterlichsten und grausamsten Dingen. Es war wirklich kein
schönes Bild. Seine Aggression steigerte sich ins Unermessliche und
die Rotkäppchen, die kopfschüttelnd vor ihm standen, waren sich
sicher, dass er binnen kürzester Zeit kollabieren würde. Sie waren
ziemlich wütend auf ihn, auch enttäuscht und hatten absolut kein
Verständnis für sein Verhalten.
Denn der Homepagekiller wollte kämpfen und böse sein und die
Rotkäppelein ausknocken – aber eigentlich hatten die gar keine Lust zu
streiten und sahen überhaupt gar keinen Anlass, denn sie fanden rein
gar nichts Verwerfliches an ihrer Homepage, die dem Homepagekiller ein
ziemlich fetter Dorn im Auge zu sein schien. Und saufen macht auch
viel mehr Spaß als streiten. Und man muss nicht so viel dabei denken.
Auf das Kommando „HUMPEN PUMPEN !!!“ hin schnalzten alsdann alle die
Deckel ihrer Bügelflaschen auf, was von einem ekstatischen
„pfffffft...“ begleitet wurde. Golden und schäumend rann der
Gerstensaft die Kehlen der durstigen Abenteurer hinab und ließ sie die
vorangegangenen unschönen Szenen vergessen. (Diese Reaktion auf die
Attacke des Homepagekillers stellt ja auch dar, wie „sehr“ die Rothüte
den Homepagekiller und seine Vorwürfe ernst nahmen....:“kick it“ !!!)
Nun, schluß endlich, nachdem der Homepagekiller die Rotkäppchen
tagelang genervt hatte und sie immer wieder erschreckte, als er
unversehens gefletschten Zahnes mit lauten Gebrüll aus dem Unterholz
hechtete, waren sie es genug und gaben ihm, was er wollte: er bekam
seine blöde Domaine. Soll er sie sich doch sonst wohin stecken.
Die 27 Rotkäppchen machten sich nach diesem lästigen Zwischenfall
wieder auf ihre Reise durch den geheimnisvollen Wald – immer der Sonne
und der nächsten Kneipe entgegen.
Ja, und wie sich das für ein ordentliches Märchen gehört, noch ganz
zum Schluss: “....und wenn sie nicht gestorben sind, dann saufen sie
noch heute.“